Sonntag, 21. März 2021

 

Das Reisen zu anderen Planeten. Im engen Sinn das tausendfache Ändern
der Gewohnheiten.
Ich komme an, Tag eins, nach vierzehn Stunden Fahrt, während denen ich
unter Anderem über Pornografie, Popkultur und Eigenverantwortlichkeit
nachdenke. Resultat: Durchhalten. Dazu höre ich Tennesse Ernie Ford
„16 Tons“und Devin Townsend „Accelerated Evolution“. Alles ist wahr.
Wir sitzen, wie immer, für immer, ewig verlobt, am Skizzenbrett.
Wir entwerfen Möglichkeiten. Stay tuned, because your are very much
needed.

 
Halle/Saale, 21.03.2021 

 
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Travelling to other planets. In the narrow sense, changing habits a
thousand times. I arrive, day one, after fourteen hours of driving,
during which I think about pornography, pop culture and personal
responsibility, amongst other things. Result: perseverance. I listen
to Tennesse Ernie Ford's "16 Tons" and Devin Townsend's "Accelerated
Evolution". Everything is true. We sit, as always, forever, eternally
engaged, at the sketchboard. We design possibilities. Stay tuned,
because your are very much needed.

Halle/Saale, March 21st 2021

Sonntag, 19. Juli 2020

CESENATICO

Strand von Cesenatico. Ich spiele nach einigen Proben, um zurück in den Rhythmus zu finden, das erste Konzert. Dennoch bin ich aus mir selbst geschleudert, sehe mich von fern kreiseln, um ein verschwommenes Orakel. Ein Folie, die durch den Äther gezogen wird - unscharf, dann manchmal passgenau, für einen vertrauten Moment. Manchmal finde ich die mehr als sechs Monate lang verlassene Spur. Oft stolpere ich aber, verstaubt, wie aus dem Grab gestiegen, nach Leben hungrig, durch Lieder wie Bojen im Meer, das sich so dunkel leuchtend vor uns ausbreitet.

Wir alle hier straucheln, rätseln in grob übersetzten Fabeln, setzen Bruchstücke zusammen und Teile scheinen zu fehlen. Wie im Schock, automatisiert, durchhallt von Echos. Der Regen aber, graubewölkt verheissen, setzt nicht ein. Das wäre beim ersten Open-Air Konzert auch ein Schlag voll in die Fresse gewesen.

Die Sonnenglut löst sich stattdessen wohlwollend in die See auf. Und wir rudern, stolpern, schweben und suchen wieder weiter, in neue Horizonte rasend. 

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Cesenatico beach. After quite some rehearsals to get back into the rhythm, I play the first show this year. Yet I am flung out of myself, see myself spinning around a blurred oracle from afar. Foil pulled through the ether - blurred, then sometimes fitting perfectly, for a confiding moment. Sometimes I find the path that i had to abandon more than six months ago. But more often I stumble, dusty as if risen from a grave, hungry for life, through songs like buoys in the sea that spreads out before us, glowing so darksome.

All of us here are stumbling, puzzling amidst roughly translated fables, putting fragments together and parts seem to be missing. As if in shock, automated, reverberated with echoes. But the rain, heralded by some clouds, does not set in. That would really have been a slap in the face at the first open-air concert.

Instead, the fiery sun dissolves benevolently into the sea. And we´re rowing, stumbling, floating and searching again, racing into new horizons.

Montag, 13. Juli 2020

RELIGIÖSER MOMENT

Aus dem dunstigen Neu
beugt sich ein fleckiger (Engel?)
über die Terrasse ins Haus

Holt aus, mit der Klinge
Weiter noch
Quer und über den Weltrand
Und stößt zu

Mitten in die Dunkelheit
von Äonen verketteter Träume

Holt aus und
schlägt dem Verlorenen
den Kopf ab

Damit an solchen Morgen
frische Geister, Ideen, Träume spriessen,

aus der aufgeriebenen Körperschaft.

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RELIGIOUS MOMENT


From the hazy dawn
a spotted (angel?) bends
over the terrace and into the house

Strikes out, with the blade
Wider still
Crosswise, and beyond the edge of the world
And stabs

Right into the center of the darkness
made out of eons of chained dreams

Strikes out and
Cuts off the head
of the lost

So that on a morning like this
fresh minds, ideas, dreams can sprout,

from the rambling corporation.

Dienstag, 23. Juni 2020

TRAUM

Ich gehe durch lange, unterirdische Gänge. Kabelstränge ziehen sich, staubbedeckt, über unseren Köpfen durch die Dunkelheit. Gigantisch, endlos, verrottet, unantastbar, elementar. Licht fällt von rußigen Lampen nur wenig vor uns auf den Boden. Wir gehen vorbei an beleuchteten Kojen, die mit hölzernen Betten und Tischen möbliert sind. Unkenntliche Gesichter der Herbergsgäste folgen unserem Weg. Status Quo. Ein unantastbarer Sinn. Irgendwo klappern auch Teller unter metallenem Besteck, werden Gläser gefüllt und geleert.
(SCHNITT)
Ruine einst unmäßigen Bombasts. Zernagte Erker, verstürzte Säulen, neue Geometrie der Torbogen. (Magische Geometrie?) Im Innenraum, mächtig wie eine Galaxie, oder das St. Petersburger Theater, erkenne ich zahllose Besucher in feiner Robe, elegant, entrückt, in Gespräche vertieft, manche tanzend. Aber sehr langsam, wie Unterwasser, bewegen sich die Lippen und die Tanzpaare. Wir betreten den Saal. Werden wahrgenommen, begrüßt, willkommen geheißen, akzeptiert. Werden schon erwartet. Während draußen die Stadt in zermahlenen Trümmern liegt, geht hier das Fest weiter. Im roten Licht, im Äther. Wir, die Neuen, können es zuerst nicht verstehen, fühlen aber schnell, das hier die Welt eine Andere geworden ist. Ein Vakuum lebendiger Toter. Vampiridyll. Nicht unangenehm, trotz Allem. Trotz der Verdammnis.

Wir ziehen uns Stühle an einen Tisch zusammen, und nehmen für Immer Platz.

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DREAM

I walk through long, underground passages. Wires run above our heads, covered in dust. Gigantic, endless, rotten, untouchable, elemental. Light from sooty lamps falls to the ground just ahead of us. We walk past illuminated bunks, which are furnished with wooden beds and tables. Unrecognizable faces of this joints guests follow our passing by. Status Quo. An untouchable sense fills this place. Somewhere in the distance, plates rattle under metal cutlery, glasses are filled and emptied.
[CUT]
Ruin of a once abundant grandiloquence. Gnawed oriels, collapsed columns, new geometry of archways. (Magic geometry?) Inside, as potent as a galaxy, or the St. Petersburg Theatre, countless guests can be seen in fine robes, elegant, enraptured, engrossed in conversation, some dancing. But very slowly, like underwater, the lips and the dancing couples move. We enter the hall. We are noticed, received, welcomed, accepted. We have already been anticipated. While outside the city lies in crushed rubble, here the festival continues. In the red light, in the ether. We, the newcomers, cannot understand it at first, but we quickly feel that here, the world has become a different one. A vacuum of living dead. Vampire-idyll. Not unpleasant, in spite of everything. Despite the damnation.

We pull some chairs together around a table, and sit down forever.



Samstag, 16. Mai 2020

CRUSOE

Hier Ukrit. Im Nordmeer bricht ein Stück aus der Torte, viermal so groß wie London. Das treibt mir seit Tagen durch den Schädel. Ich greife tageweise durch teigige Realitäten. Ich gehe meine Insel ab. Obwohl ich eben noch im Wald verborgen war, bin ich jetzt hier draußen. Gestrandet. Am Ufer eines Flusses, am Meerbusen. Schmachtend, durstig, vertrocknet.

Es gibt auch gute Tage, aber gestern war keiner. Ich rappele mich hoch und durchstoße am Morgen die erste Kruste. Mumifizierte Träume. Ich trinke einen Humpen schwere, schwarze Masse, die mir nicht schmeckt, mich aber auf Touren bringt, in mich hinein. Aber Wohin! Auf Tour wohin, bitte? Ich gehe eben wieder an den Strand, oder an das Flussufer, den Rand der Insel eben, von der ich schon einmal entkommen bin. Und bin doch wieder zurück. Ich halte Ausschau, so wie immer, nach Allem.

Am Horizont sehe ich einen dunklen Schatten sich gegen die Sonne, wahnsinnig glorienhaft, abheben. Ein Brocken Eis für einen Whiskey-Sour so groß wie England. Ein Tortenstück aus Nord treibt abgerissen übers Meer.

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Ukrit here. In the North Sea, a piece of cake four times the size of London breaks away from a glacier. It's been floating through my head for days now. I've been digging through pasty realities for days. I ramble across my island. Though I was hidden in the forest a moment ago, I'm out here now. Stranded. On the bank of a river, on the gulf. Languishing, thirsty, dried up. There are good days, too. But yesterday was none of those. In the morning I pull myself up and pierce through the first layer of crust. Mummified dreams.

I drink a beaker of heavy, black mass, which I do not enjoy, but which gets me going. But going where! Where to go? Let´s see - I go back to the beach, or to the riverside, or to the edge of the island I escaped from once before. And yet, here I'm back again. And again I will be on the lookout, as always, for everything.

On the horizon I see a dark shadow standing out against the sun, madly glorious. A hunk of ice for a whiskey sour as big as England. A piece of cake from the north is drifting broken-off across the sea.

 

Mittwoch, 6. Mai 2020

VÖGEL

Ich habe all diese Vögel noch nie vorher gehört. Waren sie schon hier, in den Bäumen, im Garten, im dem nahen Wald am Ende des Kieswegs, nur stumm und beobachtend? Oder sind sie durch den jetzt offenen Luft-Raum hierher gesegelt, beseelt von so viel neuer Freiheit? In solcher Art singen sie jedenfalls, beseelt und frei. Tonfolgen wie Karnickelsprünge.

So bin auch ich in dieser Nacht freudiger als in den letzten Tagen. Das Leben wird wieder mit voller Wucht wahr und umschließt uns ganz. Ein wilder Garten, der uns irgendwann einmal blind vertraut gewesen ist. Wir liegen hier in unseren Betten, mit offenen Ohren erst, dann mit offenen Augen weil doch die Stimmen zu riesenhaften, vollfarbigen, allfarbigen Geschöpfen vor den lichtlosen Wänden werden und durch das Zimmer schweben, fliegen, gleiten, fallen. Und wieder löst sich die Welt auf, im Dunkel dieser Nacht in eine neue, alte Melodie, die uns Flügel wachsen, und fliegen wollen lässt. 

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I've never heard all these birds before. Were they already here, in the trees, in the garden, in the nearby forest at the end of the gravel path, just mute and watching? Or have they been gliding over here through the now wide open space, inspired by so much new freedom? At least that's the way they sing, inspired and free. Sound sequences like jumping rabbits.

I too am more joyful tonight than in the last days. Life comes true again with full force and surrounds us completely. A wild garden where at one point we found ourselves at home. Here we lie in our beds, with open ears first, then with eyes open, too, because those voices become gigantic, full-coloured, all-coloured creatures in front of the lightless walls and float, fly, glide, fall althrough the room. And again the world dissolves, in the darkness of this night, into a new, old melody, which makes us grow wings and want to fly.

Donnerstag, 30. April 2020

ABBRUCH AUFSTAND

Wir brechen ab
Brechen uns weg
Endlich oder niemals
Helfen wir uns auf

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Rupture/Getup

We're falling apart
We´re breaking away
Finally or never
We´ll help each other up